Ärztliche Schweigepflicht

Datenschutz, auf den man sich verlassen kann

Die Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sorgt seit Wochen für Unsicherheit bei Institutionen, Unternehmen und Freiberuflern. Auch Ärzte, die von jeher zu Verschwiegenheit verpflichtet sind, müssen dieser Thematik viel Zeit widmen, - Zeit, die für die Betreuung von Patienten verloren geht.
"Ist es wirklich nötig und zweckmäßig, dass Ärzte viel Aufwand für die Erfüllung bürokratischer Vorgaben aufbringen müssen, die eigentlich durch das berufliche Selbstverständnis schon immer abgedeckt sind?", fragt Dr. Franz Josef Heil vom Berufsverband der niedergelassen Magen-Darm-Ärzte. "Was man heute Datenschutz nennt und was in unserem Fall den vertraulichen Umgang mit Patientendaten meint, ist bereits vor 2400 Jahren als ärztliche Schweigepflicht im Eid des Hippokrates festgeschrieben worden."
Die Schweigepflicht ist Bestandteil der Genfer Deklaration des Weltärztebundes und damit international als hohes Gut anerkannt. Juristisch ist sie wegen ihres hohen Stellenwertes nicht nur in einer Verordnung wie der DSGVO festgelegt, sondern sie ist ganz im Sinne des Arztes und im Interesse seiner Patienten strafrechtlich durch den § 203 des StGB geschützt.
"Egal, welche Vorgaben neue EU-Verordnungen machen: Unsere Patienten können sich immer schon und auch in Zukunft darauf verlassen, dass ihre persönlichen und medizinischen Daten und Informationen beim Arzt in guten Händen sind", unterstreicht Dr. Heil. "In ärztlicher Obhut sind Patientendaten vor Missbrauch und unerwünschter Weitergabe und Verwendung geschützt. Das müssen andere Systeme wie elektronische Gesundheitsakten oder internetbasierte Sammlungen von Patientendaten erst noch beweisen."

Helicobacter ist immer noch verbreitet

35 Jahre nach der Erstbeschreibung

Der Berufsverband der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte erinnert daran, dass auch 35 Jahre nach der Erstbeschreibung durch Barry Marshall und Robin Warren immer noch mehr als ein Viertel der Bevölkerung mit dem Magenbakterium Helicobacter pylori infiziert ist. Die beiden Forscher waren 2005 für ihre Entdeckung aus dem Jahr 1983 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet worden.
Aktuelle Studiendaten aus dem Jahr 2017 haben gezeigt, dass rund 29 Prozent von mehr als 500 Blutspendern in Sachsen-Anhalt entweder bereits mit einer angemessenen Therapie behandelt worden waren oder Antikörper gegen die Bakterien im Blut aufwiesen. Dies bestätigt die bisherigen Daten, nach denen etwa bis zu 48 Prozent der in Deutschland lebenden Erwachsenen infiziert sind. Die Infektion erfolgt meist im frühen Kindesalter durch Übertragung innerhalb der Familie.
"In den meisten Fällen bleibt die Infektion mit dem Magenkeim ohne Folgen", erklärt Verbandssprecherin Dr. Dagmar Mainz, "Nichtsdestotrotz wissen wir, dass Helicobacter eine chronisch aktive Magenschleimhautentzündung bedingen kann. Infolge können Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre sowie ein Lymphom oder auch Krebs im Magen auftreten. Etwa 20 Prozent der infizierten Menschen erkranken an einer dieser Krankheiten. Eine Eradikationstherapie kann nicht nur akute Beschwerden lindern, sondern verhindert auch die erneute Bildung von Geschwüren. Das Risiko für die Entstehung von Magenkrebs wird gesenkt."
Die 2017 überarbeitete ärztliche Leitlinie listet Beschwerden und Risiken bei denen ein Test auf eine mögliche Helicobacter-Infektion veranlasst werden soll. "Die Therapie kann im Grunde vom Hausarzt durchgeführt werden", sagt Dr. Mainz. "Dies setzt allerdings eine genaue Kenntnis der ärztlichen Leitlinie und eine sorgfältige Berücksichtigung der dort beschriebenen Kriterien für die geeignete Therapieform voraus. Der Magen-Darm-Arzt kennt sich mit den Therapiealternativen bestens aus und unterstützt bei komplizierten Fällen, bei denen beispielsweise eine Therapieform versagt oder wenn Antibiotika-Resistenzen vorliegen."

Datenschutz muss sein, aber mit Augenmaß

Ärzte brauchen Rechtssicherheit in der Patientenversorgung

"Die niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte verstehen sich als Partner in einem Netzwerk von Hausärzten, Fachärzten anderer Disziplinen, Klinikärzten und Gesundheitsdienstleistern, die gemeinsam zum Wohl ihrer Patienten beitragen", erklärt der Berufsverbandvorsitzende Dr. Albert Beyer. "Zurzeit müssen wir allerdings Irritationen bei der Kommunikation in diesen Netzwerken feststellen, weil die ungeklärte Auslegung der neuen Daten­schutz­grund­verordnung (DSGVO) zu erheblichen Unsicherheiten im Umgang mit Patientendaten geführt hat."
Das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt ist ein hohes und unverzichtbares Gut. Der sorgsame Umgang mit Patientendaten gehört zum traditionellen Selbstverständnis der Ärzteschaft, was in der ärztlichen Schweigepflicht einen beredeten Ausdruck findet. "Dem Datenschutz wird in unserem Gesundheitssystem viel Aufmerksamkeit gewidmet", sagt Dr. Beyer. "Zurzeit sehen wir Ärzte uns allerdings bei aller Anerkennung von Datenschutzinteressen unserer Patienten damit konfrontiert, dass die DSGVO Spielräume für völlig überzogene Interpretationen bietet, die eine sinnvolle und erforderliche Kommunikation im Rahmen einer Therapie gefährdet."
Die Zusammenarbeit von verschiedenen an der Krankenversorgung beteiligten Institutionen und Personen lebt von einem sachbezogenen Informationsaustausch, von dem der Patient profitiert. Dieser muss weiterhin unbehelligt von vermeidbaren bürokratischen Vorschriften und rechtlichen Unsicherheiten möglich sein. Deshalb unterstützt der Berufsverband der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte (bng) die Resolution der Berufsverbände im Rahmen ihrer Sitzung bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vom 22. Juni 2018.
Darin weisen die beteiligten Ärzte darauf hin, dass die interprofessionelle und fachübergreifende Zusammenarbeit eine zwingende Voraussetzung für die hohen medizinischen Therapiestandards in Deutschland darstellt. Dr. Beyer stellt klar: "Wir fordern die Politik auf, einer denkbaren Abmahnwelle im Gesundheitswesen möglichst schnell durch ein bereits avisiertes Gesetz zum Schutz vor missbräuchlichen Auslegungen der DSGVO entgegen zu treten".

Zöliakie

Erst abklären, dann therapieren

Wer unter Beschwerden leidet, weil er weizenhaltige Lebensmittel zu sich nimmt, kann nur durch eine konsequente glutenfreie Diät eine Besserung seiner Lebenssituation erwarten. Das ist mit erheblichen Einschränkungen der Ernährung sowie sozialen und psychischen Problemen verbunden. Für die Betroffenen ist es deshalb sehr wichtig, dass ihre Erkrankung korrekt diagnostiziert wird.
Etwa zwei von tausend Deutschen leidet unter dieser Zöliakie genannten Nahrungsmittelunverträglichkeit gegenüber dem Weizeneiweiß Gluten. Bei dieser Autoimmunerkrankung löst das ungünstige Zusammenspiel von umweltbedingten und genetischen Faktoren eine Entzündungsreaktion in der Dünndarmschleimhaut mit teilweise sehr unspezifischen Beschwerden des Erkrankten aus. Der daraus folgende Verlust der Dünndarmschleimhaut führt dann zu Resorbtionsstörungen von Vitaminen, Eisen und anderen wichtigen Nahrungselementen. Letztlich führt dieses zu erheblichen Mangelerscheinungen.
„Viele Betroffene kommen auf grund der Mangelerscheinungen zum Arzt. Sie merken erst bei konsequentem Verzicht auf Teig- und Backwaren aller Art den Unterschied“, sagt Dr. Ulrich Tappe, der Experte für Ernährungsfragen vom Berufsverband der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte. „Bis heute steht keine medikamentöse Therapie zur Verfügung. Einzig das konsequente Vermeiden von weizenhaltigen Getreideprodukten verspricht Hilfe.“
Im Alltag ist das aber oft schwierig, weil Gluten ein sehr verbreiteter Inhaltsstoff auch und gerade in Fertigprodukten ist. Die Betroffenen müssen deshalb ihre Nahrung mit großer Sorgfalt auswählen. Sie werden von der Angst begleitet, unbeabsichtigt verstecktes Weizeneiweiß zu sich zu nehmen. Das soziale Umfeld reagiert oft irritiert und verständnislos.
Die richtige Diagnose ist vor allem für die Betroffenen wichtig, bei denen die konsequente Glutenenthaltsamkeit nicht dauerhaft zu einer Verbesserung der Beschwerden führt. „In vergleichsweise seltenen Fällen liegt eine sogenannte refraktäre Sprue vor, die langfristig mit einem erhöhten Risiko für eine bösartige lymphatische Tumorerkrankung einher geht“, sagt Dr. Tappe. „Für Verlauf und Therapie der refraktären Sprue sind noch viele Fragen ungeklärt. Deshalb wurde vor drei Jahren eine Registerstudie initiiert, um zielgerechte und realistische Diagnostik- und Therapiepfade entwickeln zu können. Die niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte in Deutschland unterstützen und tragen diese Studie.“